Aus Dokumenten, welche der Süddeutschen Zeitung vorliegen, hat der Verfassungsschutz mindestens 864 Datensätze an die NSA weitergegeben. Damit ist die Aussage von Kanzleramtschef Pofalla wiederlegt, es habe sich nur um zwei Datensätze gehandelt.
Hierzu nimmt Markus Barenhoff, stellvertretender Parteivorsitzender der Piratenpartei, Stellung:
»Noch vor wenigen Wochen, am 12. August, wollte uns Kanzleramtsminister Pofalla erzählen, dass es sich bei den an die NSA übermittelten Datensätzen nur um Informationen handeln könne, welche nach Artikel 7a des G10 Gesetzes herausgegeben würden. Somit ist auch für diese Datensätze [2] anzunehmen, dass das Kanzleramt direkt involviert war. Ich frage Sie, Frau Bundeskanzlerin Merkel, wessen Interressen wurden hier geschützt? Im Grundgesetz, also der Verfassung, ist auch das Fernmeldegeheimnis verankert. Wenn der Verfassungsschutz im direkten Auftrag der Kanzlerin dieses garantierte Grundrecht aushebelt, hat die Öffentlichkeit ein Anrecht zu erfahren, warum das vielhundertfach passieren konnte!«
Bernd Schreiner, Bundestagskandidat aus Thüringen, fügt hinzu:
»Seit Monaten sitzt die Regierung Merkel den sich wöchentlich ausweitenden Überwachungsskandal aus, den Herr Pofalla für längst beendet erklärt hat [3]. Nun stellt sich auch noch heraus, dass Pofalla bei seinen Aussagen, dass nur zwei Datensätze an ausländische Dienste weiter gegeben wurden, offensichtlich gelogen hat. Wo sind die geforderten ›erheblichen Sicherheitsinteressen‹ in den 864 Fällen, unter denen eine Weitergabe legal wäre?
Hier reicht keine Erklärung von Kanzleramtschef Pofalla mehr aus. Wir fordern Antworten von Bundeskanzlerin Merkel und einen sofortigen Stopp des Datenaustausches zwischen der NSA und deutschen Nachrichtendiensten.
PIRATEN fordern bereits in vielen Bundesländern die Abschaffung des Verfassungsschutzes, denn auch der aktuelle Fall zeigt wieder, dass diese Behörde ihren Aufgaben, die Grundrechte der Bürger und unsere freiheitliche Demokratie zu schützen, nicht gerecht wird. Im Gegenteil, nach diesem vorläufigen Höhepunkt zeigt sich erneut, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die freiheitliche demokratische Grundordnung mit Füßen tritt. Wir fordern Innenminister Friedrich umgehend zu einer Stellungnahme und zu Konsequenzen auf.«
Auch die Piratenfraktionen in den vier Landesparlamenten wollen die Geheimdienste in Bund und Ländern abschaffen. Die geheimdienstlichen Aufgaben sollen keiner anderen Organisation übertragen werden. [4]
Quellen:
[1] http://www.sueddeutsche.de/politik/spionage-in-deutschland-verfassungsschutz-beliefert-nsa-1.1770672
[2] http://www.youtube.com/watch?v=VfaoDyaXQag (bei 37:24)
[3] http://www.zeit.de/politik/deutschland/2013-07/pofalla-kontrollgremium-nsa
[4] https://www.piratenfraktion-berlin.de/2013/09/08/gemeinsames-fraktionentreffen-der-piratenfraktionen-saarland-nrw-schleswig-holstein-und-berlin-pressemitteilung/