1. April- Kein Aprilscherz

Alljährlich steigt in Barcelona die große Party der Mobilfunkwirtschaft, der Mobile World Congress (MWC). Was einst ums Handy und die notwendigen Netze entstand, ist heute auch zu einem Mekka der Automobilindustrie geworden. Die Hersteller haben angekündigt, ihr eigenes 5G Netz bauen zu wollen und 5G zur Schlüsseltechnik für Fertigung und Betrieb zu machen. Maschinen sollen durch eigene Netze verbunden arbeiten, Industrie 4.0 nimmt konkrete Züge an.

Doch dies ist nur der eine Teil der Geschichte, denn in die Fahrzeuge hat nun nach jahrelangen Verzögerungen die Netzwerkschnittstelle sich endgültig ihren Weg gebahnt. Ab dem 1. April müssen alle neu zugelassene Fahrzeuge in der EU einen SIM Kartensteckplatz haben und damit die drahtlose Datenschnittstelle. Moderne Autos sind schon heute voll mit Elektronik und Steuergeräte überwachen den gesamten Fahrbetrieb und greifen auch beherzt ein, wenn notwendig. Es fallen Daten an, Daten von Stoßdämpfern, vom E-Gaspedal ebenso wie vom Navigationsgerät, den Radarsensoren und Kameras, wie auch Informationen was um das Fahrzeug herum geschieht. Wenn wir nun all die Forderungen der Automobilbosse hören und ihren geäussertem Bedürfnis nicht nur nach latenzarmen Datenverbindungen, sondern ebenso von den notwendigen hohen Datenraten von 5 GBit/s ist klar, dass es nicht um ein paar Servicedaten von Motor und Fahrwerk gehen kann. Keiner weis dabei genau, was mit all diesen Daten passieren soll, doch bereits vor 4 Jahren hat Audi- Chef Stadler im Streit mit Google betont, das die anfallenden Daten nicht Google gehören, sondern dem Hersteller.

Es geht hier um Daten, Daten die wir als Autonutzer durch unsere Mobilität erzeugen. Die Daten die beinhalten nicht nur wie schnell wir fahren und ob wir angegurtet sind, sondern ebenso bei welchen Geschäftspartner oder Freund wir waren, wen wir getroffen haben und alles was im Umfeld davon mit anfällt inklusiver aller Metadaten. Und ebenso wird das Umfeld gescannt, also beispielsweise welche WLAN Netze liegen auf meinem Weg? Wie ist der Zustand der Strasse, trocken, feucht oder sogar mit Schlaglöchern? Wie ist die Funkabdeckung und der Radioempfang? Und wenn die 3D- Rundumkameras der Autos die Passanten miterfassen, ist es nicht mehr weit, bis europaweit kaum ein nicht überwachter Ort zumindest im urbanen Raum zu finden ist. Wer die Entwicklungen bei der automatischen Gesichtserkennung kennt, kann sich ausmalen, wie schnell zukünftig ein enormer Datenbestand von aktuellen Bilddaten europaweit durchsuchbar wird.

Jedes Fahrzeug wird zu einem Datenstaubsauger, der alles absaugt, was anfällt!

Schon heute erklären die Unternehmen das Anrecht auf diese Daten und ihre Nutzung. Doch es geht weiter, Unternehmen wie Continental und IT-Dienstleister Hewlett Packard Enterprise (HPE) haben zusammen einen Datenmarktplatz vorgestellt. Sinn dieser Cloudanwendung ist, dass Systeme mit Daten autonom handeln können, schnell einfach und vielleicht auch günstig. Maschinen kaufen Daten vollautomatisch zu, wenn sie in den eigenen Speichern fehlen oder die Datenqualität zu schlecht ist. Der Zugriff auf Daten aus der Privatsphäre der Autofahrer wird so zum Handelsgut.

Das ist ein Schritt der unsere Gesellschaft nachhaltig verändern wird. Der überwachungsfreie Raum schrumpft zusehend schneller, Daten und Metadaten aus dem Privatesten werden dauerhaft gespeichert und Interessenten gegen Cash angeboten, was immer damit bezweckt werden wird. Dabei besonders ist, dass es keine staatliche Stelle ist, sondern ein Wirtschaftsunternehmen aus dem Bereich der Zulieferindustrie. Bisher typisch ist die Fertigung von Vor- und Teilprodukten, Zahnrädern, Getriebe- und Achsteile, Reifen und derartige Dinge. Wenn jetzt ein milliardenschwerer Herstellungsbetrieb zusammen mit einem Informationstechnikunternehmen aus Palo Alt zum Datensammler und -händler werden will, ist das kein zufälliger Schritt. Das ist der Anfang vom Beginn eines großen Umbau der deutschen Industrie. Rein mechanische Herstellung wird schon seit Jahren ausgelagert. Bisher haben die Autohersteller nur noch einen kleinen Bereich, oft im Bereich der Motorfertigung oder dem Blechpressen selbst abgedeckt. Dort tritt jetzt statt den Verbrenner der elektrische Motor immer weiter aus dem Schattendasein heraus.

Zieht man Parallelen in die Vergangenheit, dann kann man auf Unternehmen wie Apple schauen, die von reinen Hard- und Softwarekonzern inzwischen ebenso im Musik- und Medienbusiness etabliert mitspielen. Autohersteller werden ihre Umsätze immer weniger durch den reinen Fahrzeugverkauf erzielen. Ihre Geschäfte werden klickfähig, sie werden fürs Wochenende mit den Freunden deinem Auto ein passendes Motorprofil verkaufen, oder ein neu gestaltetes Armaturenbrett passend zur Jahreszeit. Alles Dank immer weiter Einzug haltender Elektronik und Displays kein Problem. Hersteller wie Byton machen es vor und bauen eigentlich nur noch einen Computer auf vier Rädern. Falls die deutsche Industrie da mithalten will, dann muss sie schnell sein. Und Continental hat den Schritt gemacht, Fahrzeughersteller sind dabei zum Datenhändler zu mutieren, sicherlich zuerst für ganz exclusive Premienangebote, später dann sicher mit verpflichtender Schnittstelle zu Ermittlungsbehörden, denn sie haben ja von der Innenraumüberwachung der Autos bis zur Umgebung eine Millionenflotte zur Überwachung an der 5G-Strippe.

Nach 2018 und der endgültigen Einführung der Datenschutzgrundverordnung frage ich mich ernsthaft, wie sich milliardenschwere Unternehmen ungeschoren hinstellen können und wochenlang in den Medien auftreten können mit einen Thema, das tiefgreifend in die Privatsphäre des Einzelnen eindringt, diese aushorcht und dann noch die gesamelten Daten zum Verkauf anbietet und alle feiern mit!?
War da nicht etwas? Meine Daten gehören mir? Keine Nutzung ohne mein explizites Einverständnis? Oder ists wie immer? Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen?

Kalkulieren wir mal grob, welche Daten da vom Auto gesammelt und geliefert werden können? Wofür brauchen wir 5 Gbit/S wenn alle bisherigen Motor und Fahrzeugdaten über echt langsame Bussysteme innerhalb der Fahrzeuge ausreichend schnell für Echtzeitbetrieb geeignet sind? Der Bus zum Auslesen von Fehlern ist keine 10kBit/s schnell, der für Komfort, Display und den ganzen Rest kaum 125kBit/s und der schnellste für Motor und Getriebe, etc macht 1Mbit/s. Aber eine Datenausleitung von bis zu 5 Gbit/s für notwendig zu erklären, wie es aktuell die Autohersteller kommunizieren, impliziert ja, dass auch Bild und möglicherweise auch Tondaten übertragen werden, denn wie sonst kommt man auf diese Datenmengen?

Und selbst ohne Bild-/ Tondaten, die anfallenden Daten und Metadaten lassen detailierte Rückschlüsse zum Verhalten des Menschen zu. Wo warst du? Wen hast du getroffen? Bist du nüchtern? Bist du alleine?

Daten sind das sensibelste Stück Privatsphäre!

So muss unabdingbar gelten, dass alle Daten die ein Mensch durch sein Handeln und Leben erzeugt, unter die Digitale Privatsphäre fallen. Jede Nutzung dieser Daten, die nicht explizit vom Menschen gestattet wurde, ist rechtlich verboten.
Die Digitale Privatsphäre muss über den Interessen der Wirtschaft stehen und wenn Geschäftsmodelle Daten erforden, muss es Angebote geben die die Nutzer gerne annehmen und dafür Daten liefern. So kann man, wenn man dem Kartenanbieter erlaubt, Wegdaten aus dem Fahrzeug zu nutzen um die Autonavigation zu verbessern, als Gegenleistung immer aktuelle Karten seines Gebietes bekommen incluse Verkehrsprognosen.

Die Digitale Privatsphäre dient also alleine dem Schutz für Menschen und keinesfalls nur um die Nutzung der Daten zu behindern!

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